
Warum Georg Herwegh? Er publizierte 1841, mitten im Vormärz, durchdrungen vom revolutionären Geist der Freiheit, die politischen »Gedichte eines Lebendigen«. Sie übten im reaktionären Klima der feudalen Restauration dieser Jahre großen Einfluss auf das Entstehen der Revolution von 1848 aus. Als die Revolution durch den Verrat des Besitzbürgertums scheiterte, formulierte Herwegh den Anspruch der sich organisierenden Arbeiterbewegung, das Erbe von 1848 anzutreten. Mit seinen mutigen satirischen Zeitgedichten wurde er der schärfste Kritiker des aggressiven preußischen Militarismus und des allgemeinen »Kriegsidiotentums«. Ein kurzer Blick auf sein Leben und sein Werk zeigt, warum er einer der bedeutendsten Freiheits- und Antikriegsdichter des 19. Jahrhunderts war.
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit
Herwegh (1817–1875) stammte aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Er war der Sohn eines hessischen, nach Stuttgart eingewanderten Kochs und Gastwirts, der wiederum der Sohn eines »Lakaien« am Darmstädter Fürstenhof gewesen war. Der Vater heiratete die einige Jahre ältere Apothekerstochter Rosine Märklin. Ihr Sohn Georg erkrankte als Zwölfjähriger am Nervenleiden »Veitstanz« und beteiligte sich selbst intensiv am Prozess der Heilung. Diese Erfahrung wurde zum Ausgangspunkt seines medizinischen und naturwissenschaftlichen Interesses.
Herwegh besuchte das »Evangelisch-theologische Seminar« der Klosterschule Maulbronn. Es war der Wille der Mutter, dass ihr Sohn den krisenfesten Beruf des Pfarrers ergreifen sollte. Doch Herweghs großes »poetisch-deklamatorisches Talent«, so ein Zeugnis, sprengte die Fesseln, die ihm die theologische Unterweisung auferlegte. Der Schüler begeisterte sich für Hegels bahnbrechende Philosophie der Freiheit, für die Ideale der Französischen Revolution – »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit« –, für Johann Gottlieb Fichtes Bürgerrecht auf Revolution, und er machte sich die Forderungen zu eigen, die 1832 vom großen Hambacher Fest überallhin ausstrahlten, eben die nach Freiheit und nach einem in einer großen Republik geeinten Europa.
»Die Revolution überhaupt ist die Religion unserer Zeit; sie ist wenigstens meine«, schrieb Herwegh in einem seiner Aphorismen. Der junge Herwegh, von früh an ein mit unbestechlichem Gerechtigkeitssinn ausgestatteter Demokrat und zugleich ein kluger Analytiker, erlas sich einen erstaunlichen Bildungsfundus: von Shakespeare, den Franzosen und den deutschen Klassikern bis hin zu den verbotenen Autoren des »Jungen Deutschland«, allen voran Ludwig Börne und Heinrich Heine, die neben Gutzkow und Büchner seine Vorbilder wurden. Weil er sich dem Atheismus der revolutionären Religionskritik der Linkshegelianer David Friedrich Strauß und Ludwig Feuerbach anschloss, wurde er deshalb und auch disziplinarischer Verstöße wegen aus dem Tübinger Stift entlassen. Feuerbachs These, der Mensch erschaffe sich Gott nach seinem eigenen Bilde, nach dem Ideal seiner Wünsche, war in den Augen der einen Schöpfergott behauptenden Kirche natürlich unhaltbar. Das anschließend begonnene Jurastudium brach Herwegh gleich wieder ab. Er ließ sich als freier Schriftsteller in Stuttgart nieder. Ein großer Schritt nach vorn, den er im Gedicht »Leicht Gepäck« feierte: »Ich bin ein freier Mann und singe / Mich wohl in keine Fürstengruft, / Und alles, was ich mir erringe, / Ist Gottes liebe Himmelsluft. / Ich habe keine stolze Feste, / Von der man Länder übersieht, / Ich wohn’ ein Vogel nur im Neste, / Mein ganzer Reichtum ist mein Lied.«
Das Lied war das revolutionäre Medium im Vormärz und Herwegh ein junger selbstbewusster Oppositioneller, der im Stuttgarter Theatermilieu verkehrte, Gedichte schrieb, auch Szenen, dazu brillante Feuilletons, kluge Kritiken und Werke des französischen Erfolgsautors Alphonse de Lamartine übersetzte.
Der Staub der Straßen
Zum Militärdienst einberufen, wurde Herwegh inhaftiert, unter anderem weil er einem Offizier im Stuttgarter Opernhaus den militärischen Gruß verweigert hatte. Er desertierte in die nahe Schweiz – nach Zürich, in die neben Genf beliebteste Schweizer Emigrantenstadt. Nach der muffig-philiströsen Enge der von Thron und Altar beherrschten deutschen Kleinstaaterei erlebte Herwegh die Alpenrepublik als verheißungsvollen Ort der Freiheit. Er begeisterte sich für die Natur, für die friedvolle Einbindung in die Idylle der Schweizer Landschaft. Doch bald kam der Einwand: »Ich wollte – ja, ich habe mich vermessen – / In diesen Bergen suchen mir mein Glück; / Ich wollte, ach! Und konnte nicht vergessen / Die Welt, die ich im Tale ließ zurück. // O wie verlangt mich nach dem Staub der Straßen, / Dem Druck, der Not da unten allzumal! / Wie nach den Feinden selbst, die ich verlassen, / Und nach der Menschheit vollster, tiefster Qual!«
Nicht Naturidylle prägte Herweghs weiteren Lebensweg, sondern der »Druck der Not«. Er zwang ihn gleichsam, sich mit »der Menschheit vollster, tiefster Qual« auseinanderzusetzen, mit dem »Elend« im »Staub der Straßen« und, dessen ist er sich früh bewusst, mit seinen »Feinden«.
Vom sozialen, politischen und religiösen Elend erzählte Herwegh in seinen Gedichten. Begeistert von seinem Vortrag ebendieser »Freiheitslieder«, publizierte die Züricher Emigrantengemeinde sie unter dem Titel »Gedichte eines Lebendigen« in einem eigens dafür gegründeten Verlag. Über Nacht machten diese Verse Herwegh zum berühmtesten deutschen Lyriker. Und wurden sogleich verboten. (Ingrid Pepperle, die mit ihrer großen, sechsbändigen Werk- und Briefausgabe der Herwegh-Forschung neue Impulse gegeben hat, kommt auf die verblüffende Zahl von nahezu 100.000 Leserinnen und Lesern.)
Herweghs Gedichte wirkten wie ein Fanal: Sie entflammten den Protest gegen Restauration und Biedermeier, gegen Philistertum und Polizeistaat. Deutschland geriet in ein regelrechtes Herwegh-Fieber. Leser fanden sich in Herwegh-Zirkeln zusammen. In Leipzig verkehrte der Apothekerlehrling Fontane abends im »Herwegh-Klub«. Später erinnerte er sich: »Wie haben nicht Herweghs Lieder gewirkt? So mancher, dem die Politik ein Gräuel war, ist durch sie plötzlich zum Mann geworden, und Gut und Blut setzt er für die ›Freiheit‹ ein.«
Politische Forderungen drückte Herwegh so prägnant aus, dass sie zu geflügelten Worten wurden: »Wir haben lang genug geliebt, / Wir wollen endlich hassen!« – »Und wer wie ich mit Gott gegrollt, / Darf auch mit einem Könige grollen.« – »Reißt die Kreuze aus den Erden! / Alle sollen Schwerter werden, / Gott im Himmel wird’s verzeih’n. / Gen Tyrannen und Philister!« – »An die Türen will ich schlagen, nicht mehr klagen. Donnern will ich durch die Lande.«
Herwegh riss den deutschen Michel aus seinem Dämmerschlaf und meldete Widerspruch an gegen erstarrte, mit rigiden Verboten und Strafen demütigende feudale Verhältnisse – in der Form treffender, ironisch-satirischer Polemik: »Deutschland – auf weichem Pfühle / Mach’ dir den Kopf nicht schwer! / Im irdischen Gewühle / Schlafe, was willst du mehr? // Lass jede Freiheit dir rauben, / Setze dich nicht zur Wehr, / Du behältst ja den christlichen Glauben: / Schlafe, was willst du mehr? // Und ob man dir alles verböte, / Doch gräme dich nicht zu sehr, / Du hast ja Schiller und Goethe: / Schlafe, was willst du mehr?«
Auf einer großen Reise, die ihn nördlich von Württemberg durch Deutschland bis nach Königsberg führte, wurde der Autor der »Gedichte eines Lebendigen« enthusiastisch mit Fackelzügen und Festessen gefeiert, vor allem von Studenten und Handwerkern. Herwegh knüpfte dabei ein erstaunlich breites linkes Netzwerk – er gewann neue Freunde von Michail Bakunin und Robert Blum bis zu Arnold Ruge und Karl Marx. Die Zeitungen berichteten ausführlich, und die auf den Staatsfeind angesetzten Spitzel des »Mainzer Informationsbüros« verfolgten jeden seiner Schritte. Ihre Berichte ließ sich sogar Fürst Metternich in Wien vorlegen, die zentrale Figur der regierenden Reaktionäre.
In Berlin begegnete Herwegh Emma Siegmund, Tochter eines vermögenden jüdischen Seidenhändlers und Hoflieferanten. Nur acht Tage später verlobten sie sich. Bald darauf heirateten sie in Zürich, wobei Bakunin Emmas Brautführer wurde. Emma und Herwegh waren geistig und politisch aus gleichem Holz geschnitzt, getragen von ihrer gemeinsamen Begeisterung für Demokratie und Republik. »Wir wollen vereint die Blitze in die Welt schleudern«, versicherte Emma Georg, »und ich will Ihnen beweisen, was eine Frau tun kann (…), was zwei Leute können, die zu derselben Fahne schwören«. Dem Redakteur der Rheinischen Zeitung in Köln, Karl Marx, teilte Herwegh mit: »Ich zeige Ihnen meine Verlobung mit einer Republikanerin comme il faut an, einem Mädchen, das uns allen über das Kapitel der Freiheit tüchtige Lektionen halten könnte.« Und das tat Emma, als Freiheitskämpferin und Frauenrechtlerin. Mehrsprachig erzogen, hielt sie enge Verbindungen zu Oppositionellen in Polen und Italien, die im geheimen wie offenen Widerstand gegen die Besetzung und Zersplitterung ihrer Länder ankämpften.
Als »Communist« denunziert
In Zürich lernten Herwegh und Bakunin den im Genfer Exil als Schneider arbeitenden Autodidakten Wilhelm Weitling kennen. In seinem europaweit bekannten Hauptwerk »Garantien der Harmonie und Freiheit« formulierte der charismatische Schriftsteller die plausible Botschaft, dass ein Reicher und ein Armer vor dem Gesetz so wenig seien wie ein Schwimmer und ein Nichtschwimmer. Denn solange ein Volk aus Herren und Knechten bestehe, könne es keine Gerechtigkeit und keine wirkliche Freiheit geben. Ursache allen Übels sei das Eigentum.
Herwegh und Bakunin erstaunte, wie historisch genau Weitling den Verlauf der Geschichte als einen Prozess aufschlüsselte, der immer wieder verunglückte und scheiterte, nämlich zu Streit und Krieg führte, zu tiefster Inhumanität – weil er eben vom Privateigentum getragen und gleichsam regiert wurde. »Jesus lehrt die Abschaffung des Eigentums« und »Jesus hat keinen Respekt vor dem Eigentum« – Ausführungen wie diese in Weitlings Bibelinterpretation »Das Evangelium des armen Sünders« versetzten die Herrschenden in helle Aufregung.
Auf der Grundlage dieser revolutionären Bibelauslegung verfasste der konservative Züricher Staatsrat Johann Bluntschli den Bericht »Die Kommunisten in der Schweiz«. Er schrieb vom »unermesslichen Abgrund«, vom »kalten, abstrakten Prinzip des Kommunismus«, »dem fürchterlichsten und verwerflichsten System der Weltgeschichte«. Bluntschli behauptete, dem Kommunismus wohne eine zerstörerische Kraft inne: Er zerstöre die Grundlagen der christlichen Gesellschaft – Eigentum, Religion, Familie – und stürze Gesellschaft und Staat ins anarchische Chaos.
Dabei nannte Bluntschli an erster Stelle Georg und Emma Herwegh als »Förderer der kommunistischen Ideen und Tendenzen« sowie als Weitlings engste Gewährspersonen. Auf diese Weise seither denunziert, wurden Georg und Emma Herwegh lebenslang als »Communisten« stigmatisiert. Etwa von da an signalisierte der Begriff »Kommunismus« in der feudal-bürgerlichen Öffentlichkeit größte Gefahr, nämlich das schlechthin Böse.
Bluntschli ließ die Herweghs aus dem Kanton Zürich ausweisen. Auf der Suche nach neuen Impulsen, die das mittlerweile in Deutschland schon schwelende Freiheitsfeuer zu einem offenen Brand entflammen würden, zogen Georg und Emma Herwegh nach Paris. Emmas von Oppositionellen gut besuchter Salon erleichterte Kontakte. Herwegh begrüßte den Tief- und Weitblick, mit dem Marx im »Manifest der Kommunistischen Partei« das herrschende System des Kapitalismus analysiert und einen Weg zu einer »neuen Ordnung der Dinge« (Herwegh) entworfen hatte.
Die enge Freundschaft mit Marx fand jedoch ein Ende, als sich Herwegh, Anfang März 1848 – er war zu diesem Zeitpunkt der berühmteste Deutsche in Paris – auf einer Großveranstaltung deutscher Emigranten gegen Marx durchsetzte. Herwegh wollte der badischen Freiheitsbewegung von Paris aus mit einer »Deutschen demokratischen Legion« zu Hilfe eilen. Der besonnenere Marx plädierte dafür, erst einmal durch die Gründung von Arbeitervereinen das revolutionäre Potential in Deutschland zu stärken. Die Mannheimer Rechtsanwälte Friedrich Hecker und Gustav Struwe riefen am 13. April in Konstanz die Republik aus und zum bewaffneten Widerstand auf. Aber nicht nur ihr Vorhaben scheiterte, sondern auch das der Herweghs, die mit etwa 650 schlecht Bewaffneten bei Strasbourg den Rhein überquerten, wo sie bereits von einer feindlichen Übermacht erwartet wurden. Den Herweghs gelang die Flucht. Ein Leben lang freilich verfolgte und schmerzte Herwegh der Vorwurf, er habe als »Salonkommunist« feige den Kampfplatz verlassen – eine Lüge.
Alles verpfuscht
Wieder in Paris, nahm Herwegh enttäuscht zur Kenntnis, wie die mittlerweile in Frankfurt am Main tagende Deutsche Nationalversammlung unter ihren bürgerlichen Repräsentanten Heinrich von Gagern und Friedrich Bassermann von einer wirtschaftsliberalen Mehrheit dominiert wurde, die trotz aller gegenläufigen Bekundungen der Parole folgte: »Lieber keine Freiheit als keine Ordnung.« Sie wollte die konstitutionelle Monarchie erhalten und zeigte kein Interesse an einer Republik. So missbrauchte sie die urdemokratische Institution des Parlaments: »Das Reden nimmt kein End’ // Zu Frankfurt an dem Main – / Sucht man der Weisen Stein; / Sie sind gar sehr in Nöten, / Moses und die Propheten, / Präsident und Sekretäre, / Wie er zu finden wäre – / Im Parla-, Parla-, Parlament / Das Reden nimmt kein End’! // Zu Frankfurt an dem Main – / Da wird man uns befrei’n; / Man wird die Republiken / Im Mutterleib ersticken, / Und Bassermann und Welcker / Beglücken dann die Völker / Im Parla-, Parla-, Parlament / Das Reden nimmt kein End’! // (…) Zu Frankfurt an dem Main – / Ist alles Trug und Schein.«
Die Revolution von 1848 scheiterte zum einen, weil das privilegierte Besitzbürgertum die Monarchie nicht preisgeben und aus Furcht vor dem aufbegehrenden Volk nicht durch eine demokratische Republik ersetzen wollte. Obwohl doch dafür mit den in Berlin am 18. März ausgebrochenen revolutionären Barrikadenkämpfen eine große Chance bestanden hatte. Denn nach der mit ihren 300 Toten äußerst blutigen Berliner Revolutionsnacht vom 18. auf den 19. März schien der preußische König Friedrich Wilhelm IV. einzulenken. Er wollte seine Haut retten. Herwegh schrieb an einen Freund: »Ihr habt ein paar gute Tage gehabt in Berlin, aber bei allem Heroismus echt deutsche Tage; ihr habt zu kämpfen aufgehört in einem Augenblicke, wo ein Ruf ›au château!‹ für euch und Deutschland alles entschieden hätte (…). Als ob die 300 proletarischen Opfer nicht auch ein königliches Opfer verlangten! Eure Monarchie war in ein paar Stunden reif geworden zum Fall; die Republik war gegeben, wenn ihr nur den politischen Instinkt eines Pariser Gamins besessen hättet. Ihr habt eure, ihr habt unsere Geschichte verpfuscht.«
Der historische Augenblick, das Rad der Geschichte in eine neue Richtung zu drehen, war in der blutigen Berliner Revolutionsnacht versäumt worden. Der König, der auf seinem absolutistischen Gottesgnadentum bestand, hatte nur daran gedacht, die Monarchie mit allen Mitteln der Täuschung zu erhalten. Geopfert wurden, sowohl vom König als auch vom Besitzbürgertum, so brachte Herwegh zu Gehör, »Proletarierherzen«: »Achtzehnter März // Achtzehnhundert vierzig und acht, / Als im Lenze das Eis gekracht, / Tage des Februar, Tage des Märzen, / Waren es nicht Proletarierherzen, / Die voll Hoffnung zuerst erwacht / Achtzehnhundert vierzig und acht? // Achtzehnhundert vierzig und acht, / Als du dich lange genug bedacht, / Mutter Germania, glücklich verpreußte, / Waren es nicht Proletarierfäuste, / Die sich ans Werk der Befreiung gemacht / Achtzehnhundert vierzig und acht? // Achtzehnhundert vierzig und acht, / Als du geruht von der nächtlichen Schlacht, / Waren es nicht Proletarierleichen, / Die du, Berlin, vor den zitternden, bleichen / Barhaupt grüßenden Cäsar gebracht / Achtzehnhundert vierzig und acht?«
Ein neuer Völkerfrühling?
Über Paris wieder zurückgekehrt ins Schweizer Exil, wurde die Wohnung von Emma und Georg Herwegh in Zürich zum Treffpunkt politischer Flüchtlinge. Die Herweghs unterstützten vor allem jene Italiener, die sich wie ihre Freunde Garibaldi und Felice Orsini, dem Emma mit zwischen Buchdeckeln versteckten Feilen in Mantua zur Flucht aus dem Gefängnis verholfen hatte, für die Befreiung und Einigung des zerrissenen Italien einsetzten.
Trotz des Scheiterns der Revolution war sich Herwegh sicher, dass es auch in Deutschland bald zu einem neuen 1848 kommen werde. Ein neuer Völkerfrühling kündigte sich an: »Im Frühling // O lass sie träumen den Kaiserwahn, / Alt-Deutschlands Ritter und Recken; / Wie werden sich vor dem roten Hahn / Die roten Adler verstecken! // O lass sie träumen noch eine Nacht! / Dann wetzen wir aus die Scharte, / Dann werden Fidibusse gemacht / Aus der europäischen Karte. // Die Völker kommen und läuten Sturm – / Erwache, mein Blum, erwache! / Vom Kölner Dome zum Stefansturm / Wird brausen die Rache, die Rache. / (…) Das alles, das alles soll gescheh’n / In kommenden Frühlingstagen – / Herrgott, lass die Welt nicht untergeh’n, / Eh die Nachtigallen schlagen!«